Fondsetablierungskosten: Referentenentwurf des BMF sieht gesetzliche Regelung zur steuerlichen Aktivierung von Weichkosten vor

Lange Jahre bestand Einigkeit zwischen Finanzverwaltung und Rechtsprechung, dass Fondsetablierungskosten (oftmals auch als Weichkosten oder Initialkosten bezeichnet) in der Steuerbilanz als Anschaffungskosten zu aktivieren sind. Als Fondsetablierungskosten werden Kosten eines Fonds bezeichnet, die aufgrund eines vorformulierten Vertragswerks an die Anbieterseite und Dritte im Zusammenhang mit der Initiierung des Fonds gezahlt werden. Hierzu zählen typischerweise z. B. Eigenkapitalvermittlungsprovisionen, Fremdkapitalvermittlungs-gebühren, Kosten der Fondskonzeption, Gebühr für Platzierungsgarantie, Prospektgutachten. Im 5. Bauherrenerlass aus dem Jahr 2003 hatte das Bundesministerium der Finanzen (BMF) festgelegt, dass die Fondsetablierungskosten bei Fonds ohne wesentliche Einflussnahmemöglichkeiten der Anleger auf das Fondskonzept als Anschaffungskosten zu aktivieren sind. Der Erlass und die daraus folgende Aktivierung wurden anhand damaliger BFH-Rechtsprechung entwickelt, um Fondsgestaltungen mit hohen Anfangsverlusten zu sanktionieren.

Der BFH hatte sich dieser Auffassung in der Vergangenheit zunächst angeschlossen (zuletzt durch mehrere Urteile aus dem April 2011, vgl. z. B. BFH-Urteile vom 14.04.2011, Az.: IV R 36/08, IV R 50/08). Diese Rechtsprechung stützte sich auf die Erwägung, dass die steuerliche Beurteilung der Aufwendungen für den Erwerb eines Anlageobjektes nicht davon abhängen kann, ob die Gegenleistung für den Erwerb aufgrund eines Vertrages in einer Summe gezahlt wird oder – wie bei Fondskonzepten üblich - aufgrund mehrerer Verträge, in die der einheitliche Vorgang aufgespalten wird, in Teilbeträgen zu zahlen ist. Der BFH sieht hierin einen Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 AO mit einer wirtschaftlich unangemessenen Gestaltung. Die angemessene Gestaltung besteht hier nach Ansicht des BFH in der Vereinbarung eines Gesamtkaufpreises für das Anlageobjekt, so dass die im Zusammenhang mit der Abwicklung des Projekts vereinbarten Fondsetablierungskosten wie Anschaffungskosten zu werten sind.

BFH-Urteil vom 26. April 2018 hat 5. Bauherrenerlass gekippt

Mit Urteil vom 26. April 2018 hat der BFH jedoch überraschend den 5. Bauherrenerlass gekippt und die Abzugsfähigkeit von Fondsetablierungskosten bejaht. Begründet wird dies damit, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des § 15b EStG in 2005 zwischenzeitlich eine Begrenzung der Anfangsverluste gesetzlich verankert hat. § 15b EStG regelt, dass Verluste im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen nicht mit anderen Einkünften und anderen Einkunftsquellen ausgeglichen werden dürfen. Ein Steuerstundungsmodell im Sinne des § 15b EStG liegt vor, wenn in der Anfangsphase eines Fonds die Verluste planmäßig 10 % des eingesetzten Eigenkapitals übersteigen.

Durch den § 15b EStG als Spezialvorschrift sind dem BFH-Urteil zufolge die Maßstäbe für die Berücksichtigung von Fondsetablierungskosten gesetzlich geregelt. Damit ist bei Fonds, die ab dem Zeitpunkt der Anwendung des § 15b EStG (November 2005) aufgelegt wurden, für eine Anwendung des § 42 AO kein Raum mehr. Dies gelte unabhängig davon, ob die Voraussetzungen des § 15b EStG tatsächlich erfüllt sind.

Das BFH-Urteil vom 26. April 2018 ist in der Fondsbranche sehr positiv aufgenommen worden. Durch den sofortigen Abzug der Fondsetablierungskosten ergeben sich für die Anleger in vielen Fällen deutlich niedrigere Steuerbelastungen, selbst für Fonds, die nach der neuen Rechtsprechung in den Anwendungsbereich des § 15b EStG fallen. Insbesondere bei vermögensverwaltenden Fonds, bei denen die Immobilien nach einer Haltedauer von mehr als zehn Jahren steuerfrei veräußert werden, können sich positive Steuereffekte ergeben, sofern die Steuerbescheide noch offen sind.

Reaktion des BMF – Neuer § 6e EStG geplant

Mit dem Referentenentwurf eines Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 8. Mai 2019 hat das BMF nun auf das BFH-Urteil reagiert. In dem Referentenentwurf ist die Einführung eines neuen § 6e EStG vorgesehen. Die darin enthaltenen Regelungen entsprechen weitgehend den Vorschriften aus dem 5. Bauherrenerlass. Danach sind alle aufgrund eines vorformulierten Vertragswerks vom Anleger zu zahlenden Fondsetablierungskosten als Anschaffungskosten zu aktivieren. Das BFH-Urteil vom 26. April 2018 wird durch diese Vorschrift ausgehebelt. Ziel des Gesetzgebers ist es ausweislich der Gesetzesbegründung, die alte Rechtslage aus dem 5. Bauherrenerlass wieder herzustellen.

Besonders bemerkenswert ist das geplante Inkrafttreten des neuen § 6e EStG. Der Referentenentwurf sieht in § 52 Abs. 14a EStG eine Anwendung auch auf alle vergangenen Wirtschaftsjahre vor. In der Gesetzesbegründung wird dies damit gerechtfertigt, dass die bisherige Auffassung von Rechtsprechung und Verwaltung schon über einen Zeitraum von zehn Jahren ununterbrochen gegolten habe und es daher notwendig sei, § 6e EStG auch schon für vergangene Wirtschaftsjahre anzuwenden.

Nach unserer Einschätzung bestehen erhebliche Bedenken an der Verfassungskonformität der rückwirkenden Anwendung dieser Regelung. Es bleibt abzuwarten, ob sich im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens noch Änderungen hinsichtlich des Inkrafttretens dieser Regelung ergeben. Sollte es bei einer rückwirkenden Anwendung des neuen § 6e EStG bleiben, so sollten alle betroffenen Fälle aus der Vergangenheit, bei denen noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten ist und bei denen ein sofortiger Abzug der Fondsetablierungskosten zu einer günstigeren Besteuerung führt, offen gehalten werden, bis über die Verfassungskonformität der rückwirkenden Anwendung entschieden wurde.

An der generellen Einführung des neuen § 6e EStG und einer künftigen Pflicht zur Aktivierung von Fondsetablierungskosten dürfte sich nach unserer Einschätzung aber im Gesetzgebungsverfahren nichts mehr ändern. Insoweit dürfte sich an der jahrelang etablierten steuerlichen Behandlung von Fondsetablierungskosten zukünftig nichts ändern.

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