Brexit: Checkliste Steuern für Lieferungen und Leistungen

Das Vereinigte Königreich (UK) gehört nach Ablauf der Übergangsphase seit 1. Januar 2021 nunmehr endgültig nicht mehr dem Binnenmarkt und der EU-Zollunion an. In letzter Minute wurde am 24. Dezember 2020 ein Handels- und Partnerschaftsabkommen vereinbart, das insbesondere einen zollfreien Warenverkehr und einen mengenmäßig unbegrenzten Warenverkehr vorsieht. Dieser zollfreie und unbegrenzte Warenverkehr ist allerdings an die Erfüllung bestimmter Voraussetzungen (insbesondere Nachweise zum Präferenzursprung) geknüpft, die wir für Sie in unserer Checkliste Steuern zusammengefasst haben.

1. Check: Umsatzsteuer für Lieferungen an britische Kunden

Lieferungen an Unternehmer in UK stellen keine innergemeinschaftlichen Lieferungen mehr dar, sondern sind als Export/Ausfuhrlieferungen zu qualifizieren. 

Ausfuhrlieferungen sind unter den folgenden Voraussetzungen steuerfrei:

  • Beförderung oder Versendung des Gegenstands ins Ausland durch den leistenden Unternehmer ODER
  • Ausländischer Abnehmer befördert oder versendet den Gegenstand ins Ausland UND
  • Ausfuhrnachweis (Buch- und Belegnachweis)

Bei Erfüllung der Voraussetzungen für die Steuerfreiheit bleibt es somit bei der grundsätzlichen Steuerfreiheit der Lieferung. 

Zu beachten sind folgende Unterschiede im praktischen Handling gegenüber der bisherigen innergemeinschaftlichen Lieferung:

  • USt-ID-Nummer des Abnehmers: Bisherige britische USt-ID-Nummern verlieren ihre Gültigkeit. Anders als bei innergemeinschaftlichen Lieferungen ist die Angabe der USt-ID-Nummer des Käufers nicht Voraussetzung für die Steuerfreiheit.
  • Zusammenfassende Meldung: Es hat keine Erklärung der Lieferungen in die Zusammenfassende Meldung mehr zu erfolgen. 
  • Grundsätzlich keine Anwendung der Vereinfachungsregeln für Dreiecksgeschäfte mehr mit britischen Unternehmen in der Lieferkette
  • Vereinfachungsregelung für Konsignationslager: Diese Regelung gilt nur innerhalb der EU und ist für Lieferungen nach UK nicht mehr anzuwenden. Alternativ kann die Behandlung als Zollfreilager geprüft werden, damit eine steuerpflichtige Behandlung „verzögert“ wird. Grundsätzlich liegt aber in UK ein Import (Einfuhr) vor.

2. Check: Einfuhrumsatzsteuer / Zollanmeldung in UK

Obwohl Importe grundsätzlich zollfrei bleiben, müssen sich Importeure in UK dort steuerlich registrieren (importer of records) und eine britische EORI-Nummer beantragen.
Beim Import ist eine Zollanmeldung abzugeben und Einfuhrumsatzsteuer zu entrichten. In der Regel ist durch den vereinbarten Incoterm vorgegeben, ob die Verpflichtung zur Abwicklung der Einfuhr den Käufer oder den Lieferanten trifft. Die Incoterms FCA und DAP sind hierbei aus Sicht der Lieferanten in der Regel vorzuziehen. Nach unseren praktischen Erfahrungen liegen aber auch häufig Vereinbarungen mit Incoterm DDP vor, nach dem die Abwicklung der Einfuhr durch das liefernde Unternehmen erfolgen muss. In diesen Fällen ist in der Regel für ausländische Unternehmen ohne Niederlassung in UK ein Zollvertreter notwendig.

3. Check: Vorsicht bei Nordirland!

Aufgepasst bei Lieferungen an Kunden in Nordirland: Nordirland hat beim Warenhandel eine Sonderstellung und bleibt im EU-Binnenmarkt sowie in der Zollunion.

Damit bleibt es bei Lieferungen an Kunden in Nordirland bei der Behandlung als innergemeinschaftliche Lieferung.


4. Check: Einfuhr von UK nach Deutschland

Auch der innergemeinschaftliche Erwerb von Waren aus UK ist seit 01.01.2021 Geschichte. Ab diesem Zeitpunkt ist die Ware wie aus jedem anderen Drittland – auch wenn in der Regel kein Zoll anfällt –zum zollrechtlich freien Verkehr anzumelden und die Abwicklung der gesetzlich geschuldeten Einfuhrabgaben durchzuführen. 

5. Check: e-Commerce

Zu beachten sind die folgenden Änderungen, die in UK teilweise zusätzlich zum Brexit ab 2021 eingeführt wurden:

  • Abschaffung der GBP 15 Befreiung von online Verkäufen (kein Low Value Consigment Stock Relief mehr)
  • Verpflichtung zur Verrechnung von britischer Umsatzsteuer bei Verkäufen mit Wert unter GBP 135 (mit vereinfachter Zollanmeldung)
  • „altes“ Verfahren für Verkäufe mit Wert über GBP 135: Es ist eine steuerliche Registrierung erforderlich.
  • Wird der Versand über einen Online Market Place abgewickelt, so schuldet der Online Market Place selbst die Umsatzsteuer („deemed supplier“).


6. Check: Dienstleistungen 

Im Dienstleistungsbereich sind keine wesentlichen Änderungen bei der umsatzsteuerlichen Behandlung zu erwarten:

  • Die Erbringung von Dienstleistungen für Unternehmer sind grundsätzlich am Empfängerort umsatzsteuerpflichtig. Somit kommt für Leistungen an britische Unternehmer britisches Umsatzsteuerrecht zur Anwendung. An dieser Stelle sei verwiesen, dass es hier schon bisher einige Unterschiede zu unserem bekannten Recht gab und diese noch weiter ausgebaut wurden.
  • Grundsätzlich kommt aber in UK in den meisten Fällen das Reverse Charge Verfahren zur Anwendung und die Steuerschuld geht auf den Leistungsempfänger über. 

Vielen Dank an dieser Stelle an meine Kollegin Iris Burgstaller von TPA Österreich, auf deren Ausarbeitung dieser Beitrag beruht.

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